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Ebikon im April 2010

Liebe Sehende
Meine Bitte um ein letztes gutes Bild wurde erhört:

Rite de passage à Guye Siaré

Ich durfte den ganzen Januar hindurch an meinem Bild rite de passage à Guye Siaré arbeiten.

Noch einmal verbrachte ich Stunden voller GLück und Freude in meiner Kathedrale aus Licht oben auf dem Bueri-Hügel im Atelier.

Am 17. Februar begann ich mit dem letzen Motiv, der Rosette über dem tanzenden Paar. Als ich nach Haue kam, bestellte ich extra für diese vorskizzierte Rosette neue Farben und ganz feine Pinsel. Diese Rosette war eigentlich nicht geplant, sie wollte an diesem Tag auf das Bild. Natürlich zögerte ich bei der Bestellung der Farben und Pinsel, fragte mich wie immer, ob sich deren Anschaffung noch lohnen würde. Aus Treue zum Leben habe ich es dennoch getan.

Am 19. Februar blutete meine Netzhaut sehr stark und eine Woche später war mir klar:

Es ist soweit - ich bin blind.

Das kleine klare Sehsegment in der Makula wächst jetzt auch noch zu. Die innere Klarheit dieses Wissens hat mich ganz still und leise in die Dunkelheit entlassen.

Am dritten Tag nach der Erblindung hat mir der Pöstler das Paket mit den Farben und Pinseln gebracht. Ich werde dieses Bild nun nicht mehr fertig malen können - Gott wird es für mich vollenden.

In meinen Händen halte ich nun die neuen Farben wie eine Verheissung: Alles geht weiter, nur anders. Die Welt der Sehenden - eure Welt - habe ich nun verlassen. Ich lebe fortan in der Anderswelt.

Der im 13. Jahrhundert lebende persische Dichter und Mystiker Rumi sagt so treffend:

Wie kommt es Freund, dass ich die Welt durch deine Augen sehe, ohne dich zu sehen?

und:

Lange habe ich meine Liebe hinter Bildern versteckt, damit ist nun endgültig Schluss.

 

eure

Gabriela

 



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