Texte - Ansprachen - Vernissage
Ausstellung vom Sehen zum Schauen im Tagungszentrum Boldern, Männedorf
Vernissage 9. November 2008
Auszug aus Laudatio gehalten von Iris Utz mehr pdf
Liebe Gabriela , liebe Gäste
I had a dream – müsste ich jetzt fast sagen. Tatsächlich geht für mich heute ein grosser Wunsch und Traum in Erfüllung. Es sind sicherlich schon mehr als 3 Jahre, dass ich bei einem Besuch im kleinen Atelierzimmer bei der Gabriela zu Hause Ihr grosses Schaffen entdeckt habe. Schon vorher habe ich ihre farbenfrohen Gemälde am Arbeitsplatz, damals im SKF, bewundert. Spontan ist mir also die Idee gekommen, dass dieser Schatz von Kunstwerke nicht einfach daheim gestapelt liegen bleiben darf. Meine Idee war aber, diese Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren – eine längere und grössere Ausstellung müsste doch möglich sein. Mir war es so wichtig, dass Gabriela das Staunen und Bewunderung von Ihnen, liebe Gäste, - noch mit ihren eigenen Augen und ihrem feinen "Gspüri" erleben kann. Dem Künstler sein Applaus ist der Dank, die Motivation und der Ansporn für seine weitere Arbeit. Es ist eine eindrückliche Art und Weise, wie sich Gabriela mit Ihrer Krankheit auseinandersetzt und sich mit grosser Sorgfalt auf das schwindende Augenlicht einstellt. Es ist mir eine grosse Freude, dass ich Gabriela auf diesem Weg habe können helfen und ich bin sehr glücklich, dass wir jetzt einen Querschnitt aus ihrem Schaffens einem interessierten Publikum präsentieren dürfen. Gabriela ist nicht nur eine feinfühlige Malerin. Sie äussert sich oft auch mit Gedichten und Texten zu den entstandenen Bildern: Das Titelbild zur Ausstellung «Vom Sehen zum Schauen», mit dem Titel Big Medicine, ist für die Ausstellung mit der Braille Blindenschrift unterlegt worden. Dazu hat Gabriela folgenden Text verfasst: «Auf den Punkt gebracht Kann sie nicht lesen Die Inschrift an der Wand Sollte sie mir auch verheissen sein Denn auch Gott hat nicht an die Punktschrift gedacht. »
Gabriela bringt in ihrem Leben und Handeln so oft die Sache auf den Punkt und schafft Klarheit, aber auch Atmosphäre und ein Wohlgefühl, eine Hilfestellung für Bedürftige, oder ist Orientierungshilfe für Suchende. Viele von diesen Gefühlen sehe ich immer wieder in ihrem Bilder eingewoben, ausgedrückt in Farben und Formen, an die Wand projiziert, mit Leichtigkeit umhüllt und eingepackt. Farben sind der Lebensinhalt und das Werkzeug von ihrem Ausdruck. In der Gabriela ihrer Biografie steht zu lesen: «Obwohl ihr verschiedentlich empfohlen wurde, eine Kunstgewerbeschule zu besuchen, verzichtete sie darauf. Niemand sollte diesen freien Raum, den sie zum Überleben brauchte, bestimmen, korrigieren oder beurteilen können. Er gehört ihr allein. » Wir könnten heute vermutlich kaum diese Vielfalt und diese Ausdrucksstärke in ihren Gemälden bewundern, wenn sie nicht ihren eigenen Weg gegangen wäre.
Gabriela's Augen haben zum Glück für uns, so viele Kostbarkeiten eingefangen, die sie in ihrem Herzen und in ihrer Seele verarbeitet hat. Diesen Ausdruck finden wir in ihren Kunstwerken wieder. Gabriela klagt nicht über ihr Schicksal. Sie packt ihr Leben mit einer immensen Vielfalt an, organisiert und plant behutsam und findet für alles eine gangbare Lösung. Mutig und stark, so erlebe ich Gabriela immer wieder, aber auch fröhlich, besonnen und mitfühlend mit ihrer Umgebung. Kaum vorstellbar für mich, dass irgendwann einmal das Malen für Gabriela nicht mehr möglich sein sollte.
So habe ich doch zum Schluss den grossen Wunsch, dass Gabriela weiterhin viel Zeit in ihrem Atelier verbringen kann und viele weitere Kunstwerken schafft. Stossen wir auf Gabriela an, auf ihren Weg «Vom Sehen zum Schauen».
Iris Utz, Boldern, den 2. November 2008
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Liebe Gabriela, wir gratulieren dir zur Ausstellung und wünschen dir viel Erfolg.
Ausstellung in der Weinstube Storchen, Luzern 17. September 1996
Liebe Gabriela, liebe Anwesende,
zu Beginn ein Zitat von Christa Wolf aus "Kassandra":
"Da unsere Zeit beschränkt war
konnten wir sie nicht vergeuden mit Nebensachen.
Also gingen wir spielerisch,
als sei uns alle Zeit der Welt gegeben,
auf die Hauptsache zu,
auf uns."
Dieses Zitat ist mir schon seit langem sehr wichtig und lieb, und als Du mich gefragt hast, heute ein paar Worte zur Vernissage zu sagen, ist's mir sofort klar gewesen, dass es hierher passt, auch zu Dir irgendwie gehört. Warum?
Ich erinnere mich, dass Du vor einiger Zeit sinngemäss etwa folgendes gesagt hast: "Ich kann mein Leben nicht aufschieben, war mir wichtig ist, will ich jetzt leben. Ich kann hier keine Kompromisse eingehen, egal, was die Leute von mir halten und über mich denken."
Durch Deine Krankheit bedingt, warst Du Dir schon früh bewusst, dass Dein Leben beschränkt ist - und dass Du die Dir gegebene Zeit nicht mit Nebensachen vergeuden willst. Du gingst auf Dich zu und hast wohl darum, weil Du die Hauptsache bist, überhaupt mit Malen begonnen.
Soviel ich weiss, hast Du kurz nach Ausbruch Deiner Krankheit als 12-, 13-jähriges Mädchen Deine Mutter eines Tages damit überrascht, dass Du in Deinem Zimmer mit Fingerfarben unten in eine Ecke des Fensters eine kleine Sonne gemalt habest - wobei das Fenster sonst rabenschwarz bemalt war. Als ich diese Geschichte zum erstenmal hörte, kam mir das vor, wie wenn Du Dir die Sonne in Dein Leben zurückgeholt hättest. Und mehr noch: wie wenn Du damit Dich in die Welt und ins Leben zurückgeholt hättest.
In Deinen Bildern gehst du auch heute noch auf Dich selbst zu - beharrlich und spielerisch, als sei Dir alle Zeit der Welt gegeben. Im Malen, so denke ich, kommst Du immer wieder mit Dir selber in Kontakt, es ist für Dich aber auch Weltkontakt. So sprechen Deine Bilder zwar zu uns von Dir, aber sie erzählen auch von jeder und jedem von uns, die wir sie betrachten.
Und ein letztes noch: für Dich ist es das allererste Mal dass Du Deine Bilder in einem öffentlichen Raum zeigst. Seit etwas zwei Jahren malst du sehr intensiv Bilder, die enstehen aus Deiner Auseinandersetzung mit dem eigenen Frausein und aus Deinen Begegnungen mit Frauen. Darum finde ich es sehr stimmig, dass Du Deine erste öffentliche Ausstellung hier im Storchen in der Reihe "Interpunktion - Kunst von Frauen" realisierst.
"Da unsere Zeit beschränkt war
konnten wir sie nicht vergeuden mit Nebensachen.
Also gingen wir spielerisch,
als sei uns alle Zeit der Welt gegeben,
auf die Hauptsache zu,
auf uns."
In diesem Sinne: danke Dir, Gabriela, für Deine Bereitschaft, mit Deinen BiIldern öffentlichen Raum zu betreten. Ich bin überzeugt, dass wir spielerisch, als sei uns alle Zeit der Welt gegeben heute Abend, Deine Bilder bei einem feinen Glas Wein werden geniessen können.
Antoinette Brem
Luzern, 17. September 1996